Die Deutsche Schule in Barranquilla und ihr erfolgreiches virtuelles Unterrichtsmodell

Carlos Lindemeyer
Präsident des Schulvorstands
Deutsche Schule Barranquilla

 

 

Artikel für den Deutsch-Kolumbianischen Freundeskreis

Kommunikationsabteilung

Deutsche Schule Barranquilla

 

 

Die gegenwärtige Situation hat Bildungseinrichtungen weltweit dazu veranlasst, sich neu zu erfinden und verstärkt Medien und Technologie als Mittel der Bildung einzusetzen.  Diese Maßnahmen sind notwendig, um die Schulen im Rahmen der Krise am Leben zu erhalten und helfen ihnen zudem dazu, ihre Unterrichtsaktivitäten weiter zu entwickeln. Der Schwerpunkt liegt dabei darauf, den Wunsch und die Motivation der Schülerinnen und Schüler zum Entdecken und Interpretieren der Welt aufrechtzuerhalten und sie weiterhin zum Lernen zu begeistern. Die Herausforderung der Deutschen Schule in Barranquilla besteht darin, Kontinuität in das Online-Lernangebot zu bringen. Dazu verfügt die Schule über eine virtuelle Lernplattform mit interaktiven Übungen, welche die Lehr- und Lernprozesse dynamischer machen und zur Attraktivität des neuen Lernszenarios beitragen.

Das Schaffen von Lernerfahrungen zur Förderung der Selbstständigkeit und Organisationsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler, das Anbieten von Räumen zur Entwicklung einer stärkeren Selbstwahrnehmung und Reflexion sowie die eigenständige Aufnahme der Schülerinnen und Schüler von schulischen und familiären Pflichten sind übergeordnete Ziele unserer an der kolumbianischen Karibikküste gelegenen Schule mit einer mehr als 100-jährigen Geschichte.

Im Fokus unserer schulischen Aktivitäten stehen stets die Schülerinnen und Schüler. Ausgehend von dieser Prämisse wurde in den einzelnen Bereichen ein neuer Stundenplan entwickelt, der einerseits die Motivation der Schülerinnen und Schüler fördern soll und dabei andererseits die Zeit der Kinder vor dem Bildschirm im Auge behält. Im Ergebnis enthält der Stundenplan nun virtuelle Treffen zur Durchführung des Unterrichts und autonome Arbeitsphasen, in denen die Kinder zum selbstständigen Arbeiten angeregt werden. Weiterhin bietet unsere Abteilung für bildungspsychologische Beratung jede Woche einen Raum zur emotionalen und psychologischen Betreuung für unsere Schülerinnen und Schüler. Dies ist insbesondere mit Blick auf die emotionalen und mentalen Auswirkungen der Krise eine große Unterstützung. In diesem Sinne werden auch die Klassen für Kinder zwischen 3 und 8 Jahren in kleinere Gruppen aufgeteilt, um die Interaktion zwischen den Lehrkräften und Kindern zu erleichtern. Dadurch wird zudem das Bündnis zwischen der Schule und den Familien weiter gestärkt.

Durch unser Lernmanagement-System (das virtuelle Klassenzimmer), entstehen verschiedene Möglichkeiten, um die Lehr- & Lernprozesse mit Blick auf unsere Schülerinnen und Schüler dynamischer zu gestalten (virtueller Unterricht und autonome Arbeitsphasen). Im virtuellen Klassenzimmer befinden sich zudem eine Beschreibung der Lernziele, die Arbeitsmaterialien, die Aufnahmen der Unterrichtseinheiten und die sogenannte Zona PITS zum differenzierten Lernen. Dadurch können wir auf die individuellen Bedürfnisse aller Schülerinnen und Schüler eingehen.

Zur Durchführung des virtuellen Unterrichts treffen sich die Lehrkräfte mit ihren Schülerinnen und Schülern über die Plattform „Teams“. Im Rahmen der autonomen Arbeitsphasen kümmern sich die Schülerinnen und Schüler selbstständig um ihre Aufgaben. Die Lehrkräfte bleiben währenddessen ansprechbar, um sie bei den vorgeschlagenen Aktivitäten zu unterstützen, ihnen einzelne Inhalte genauer zu erklären, Zweifel zu beseitigen und um sie auch emotional in diesem neuen Szenario zu unterstützen.

Bei Verbindungsproblemen oder Stromausfällen wird stets nach alternativen Möglichkeiten gesucht, den entsprechenden Schülerinnen und Schülern die jeweiligen Lerninhalte zu vermitteln. So kann jederzeit auf das virtuelle Klassenzimmer zugegriffen werden, in dem die Aufnahmen des Unterrichts angesehen und die Aktivitäten bearbeitet werden können.  Dadurch wird der Lernprozess der Schülerinnen und Schüler bereichert und der Unterricht enthält insgesamt eine größere Dynamik.

In den fast sechs Monaten der Quarantäne waren insbesondere die Motivation und das Engagement der Schülerinnen und Schüler sowie die gemeinsame Arbeit mit ihren Familien und Lehrkräften die entscheidenden Erfolgsfaktoren in diesem Prozess. Das in den letzten Monaten erworbene Wissen hat es der Schule ermöglicht, die Weichen für den Beginn des neuen Schuljahres zu stellen und unserer gesamten Schulgemeinschaft ein sich kontinuierlich weiterentwickelndes Bildungsangebot zu unterbreiten.

Die veränderten Bedingungen in Bezug auf unsere Arbeit als Schule haben bei uns verschiedene Reflexionsprozesse hervorgerufen, aus denen wir einige Richtlinien für die Praxis ableiten konnten. Besonders wichtig sind uns der Blick auf das Wesentliche des Lebens und das Wohlergehen des Planeten, die Wertschätzung des gesundheitlichen Wohlbefindens und das Bewusstsein für die Wichtigkeit von Solidarität. Für uns stellen diese Punkte große Chancen dar und wir verstehen, dass wir zu Helden dieser Krise werden können, wenn wir auf uns achten und zu Hause bleiben und damit uns und unsere Mitmenschen schützen.