Beitragsautor:
Wolfgang Chr. Goede, DKF-Mitglied
Wissenschaftsjournalist München / Medellín
Für den Blog im September 2023
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Fernando Boteros Tod am 15. September 2023 in Monaco um neun Uhr in der Frühe war „Breaking News“, in Kolumbien, Lateinamerika, der Kunstwelt. Der am 19. April 1932 in Medellín Geborene hinterlässt Weltkulturgut: materiell in vielstelligem Millionenwert, ideell als eigenwillige Perspektive auf die Welt. Seine Skulpturen und Bilder leben von überdimensioniert fülligen Wesen – aber nicht „Dicken“, gar Fetten, wie der Maestro und seine Anhänger sofort interveniert hätten. Das Verformt-Geformte, bei sämtlichen Werken auf ersten Blick die typische Botero-ID, ist in die Kunsthistorie eingegangen als „Boterismo“.
Heureka-Moment
Botero stammte aus bescheidenen Verhältnissen, war das zweite von drei Kindern aus der Ehe des früh verstorbenen Pferdehändlers David Botero und der Schneiderin Flora Angulo. Sein Onkel wollte ihn zum Torero ausbilden lassen, doch der Junge fand mehr Gefallen am Zeichnen von Stieren, auch nackter Frauenkörper, womit er sich in seiner Jesuitenschule unbeliebt machte. Als er sich in einem Beitrag im Lokalblatt als künstlerisch-weltanschaulicher Nonkonformist outete, flog er von der Lehranstalt.
Formieren, De-formieren, Re-formieren blieb fortan die künstlerische Passion des aus den Formen und Schranken der Konvention ausgebrochenen Freigeistes. 1952 begab sich Botero auf eine Bildungsreise, die ihn nach Madrid, Paris, Florenz führte zum Studium der alten Meister. Eine weitere Station des Autodidakten in seiner Reifung war Mexiko City. Dort soll er 1956 seinen künstlerischen „Heureka“-Moment erlebt haben. Ihm misslang eine Mandoline, die sich als unförmig wulstig, gedrungen erwies.
Dieses Aufblasen übertrug er fortan auf alle Gegenstände seiner Kunst. Volumen wurde für 67 Jahre sein künstlerischer Fußabdruck, der sich auch als künstlerische Antipode zum geometrischen Kubismus von Anfang des Jahrhunderts interpretieren ließe.
Durchbruch in New York
Medellíns Tageszeitung El Colombiano rühmte den prominentesten Sohn der Stadt in ihrem Nachruf als Weltausnahmekünstler. So wie Garcia Marquez mit Buchstaben und Worten hätte der Maler und Skulptor mit Pinsel und Farben, seinen Händen, Lehm und Ton ein neues Bild der Welt modelliert, welches die rein physisch-realistische in eine surreale transformierte. Der magische Realismus des Kariben fand eine Erweiterung in den Kurven, Überdimensionen, Verfremdungen seines Künstlerkollegen aus dem Bergland, dem Paisa Botero.
Er war einer von seiner Kunst Besessener, rastlos, der bereits verheiratet und mit Kindern in den 1960ern mit 200 Dollar in der Tasche nach New York ging, um in der globalen Kunstszene sein Glück zu suchen. Lange vergebens. Er galt als post-expressionistisch, außerhalb des zeitgenössischen Kunstgeistes.
Aber den Tüchtigen ist Fortuna hold, jedenfalls manchmal, und so erschien eines Tages die Direktorin des „Museum of Modern Art“ in Boteros Atelier, als er gerade seine „Mona Lisa, mit zwölf Jahren“ fertigstellte. Die ungewöhnliche Darstellung des klassischen Motivs elektrisierte sie und so feierte Botero seine erste große Vernissage in dem berühmtesten Kunsttempel des Big Apple und alle Galeristen von Ruf und Namen wurden auf den bislang unbekannten Kolumbianer aufmerksam – der fulminante Auftakt zu seinem Welterfolg.
4,3-Millionen-Pedrito
Kunst gilt als irrational, logisch wenig greifbar. Insofern müßig, aber dennoch eine spannende Spekulation, ob seine ersten Anhänger und Anbeter sich durch Boteros üppige Kurven nicht auch an den Flamen Peter Paul Rubens erinnert gefühlt hätten, nur dass der Paisa-Künstler die Körperlichkeit ebenso erfindungsreich wie kompromisslos auf seinen gesamten Kunstkosmos übertrug? Und auch die Nebenfrage sei gestattet, ob Botero heute, wo viele Menschen infolge massiv zunehmenden Übergewichts seinen Figuren immer ähnlicher werden, noch so großer Erfolg beschieden gewesen wäre wie damals in einer noch schlanken Welt.
Der Künstler hinterlässt 3000 Bilder und 300 Skulpturen, von denen er Hunderte an Museen und Plätze in seiner Heimat stiftete, die dort auch ein Zeichen des Friedens und der Versöhnung setzen. Sein bekanntestes Werk, „Mann zu Pferd“, wurde zu 4,3 Millionen US Dollar versteigert. Es ist seinem vierjährigen Sohn Pedrito gewidmet, der 1974 bei einem Autounfall der Familie starb. Der Meister selbst verlor dabei einen Finger. Aus der Trauer rettete er sich mit Flucht in Arbeit.
Boteros Sohn Fernando war unter Präsident Samper (1994 – 1998) Verteidigungsminister, mit Aussichten auf das Präsidentenamt. Eine Schmiergeldaffäre brachte seine Polit-Karriere zu Fall und ihn drei Jahre lang ins Gefängnis.
Frauenschwarm
Botero galt als Frauenschwarm „und hatte viele Lieben“, wie seine Tochter Lina dem Wochenmagazin Semana anvertraute. Er war zweimal verheiratet und lebte 48 Jahre lang –nicht in ehelicher, wie gemeinhin zu lesen, sondern in einer offenen Beziehung mit der griechischen Künstlerin Sophia Vari. Ihre Liebe zur Kunst verschmolz sie zu einer Seele, schreibt das Blatt. Sophia war erst im Mai an einem Krebsleiden verstorben. Der Vater selbst, berichtete Lina, litt in seinen letzten Jahren an einer schüttelfreien Parkinson-Variante. In seinem Atelier in Pietrasanta, Toskana, saß der 91-Jährige stundenlang vor der Leinwand und malte, bis zuletzt.
Boteros eigenwillige Kunst machte vor ihm selbst nicht halt. Auf einigen seiner Bilder taucht er mit „botereskem“ Vollmondgesicht auf. Sein persönliches Markenzeichen indes war: seine kreisrunde dunkle Brille und seine Vorliebe für bayerische Trachtenjacken. Die rührte von Ausstellungen in München her. Seine Heimat Antioquien und Bayern sind sich in Vielem ähnlich, den ländlichen Bräuchen und nicht nur in der Vorliebe zu Schweinernem.
Zum Abschied wurde Boteros Leichnam nach Kolumbien geflogen. Im Kapitol in Bogotá und in Medellíns Museum von Antioquien nahmen seine Landsleute Abschied von ihm. In seiner Heimatstadt wurde er eingeäschert und nach Europa zurücküberführt. Auf dem Friedhof von Pietrasanta findet er neben Sophia Vari seine letzte Ruhe. Des Maestros kurvige Skulpturen an vielen öffentlichen Plätzen der Welt bleiben sichtbare Wahrzeichen seiner avantgardistischen Kunst und Gruß seines Heimatlandes.
Fotos: Abschied von Botero in Medellín. Seine Kunstwerke „Mrs. Rubens No. 4“ (1968), „Paar“ (1999), „Ex-Voto“ (1970) sind voluminös, alltäglich, kritisch, satirisch, mit Einschlägen zum magischen Realismus. Modisch bevorzugte der Maestro bayerische Trachtenjacken.
Fernando Botero (1932-2023) – El Rubens de Medellín
Por Wolfgang Chr. Goede
La muerte de Fernando Botero el 15 de septiembre de 2023 en Mónaco a las nueve de la mañana fue una „noticia de última hora“ en Colombia, en América Latina, en el mundo del arte. Nacido en Medellín el 19 de abril de 1932, deja tras de sí un patrimonio cultural mundial: materialmente millonario, idealmente como perspectiva idiosincrásica del mundo. Sus esculturas y pinturas viven de seres sobredimensionados y regordetes -pero no „gorditos“, ni siquiera gordas, como habrían intervenido inmediatamente el maestro y sus seguidores. Lo deforme-formado, la identificación típica de Botero en todas sus obras a primera vista, ha pasado a la historia del arte como „Boterismo“.
Momento Eureka
Botero era el segundo de los tres hijos del matrimonio de David Botero, un comerciante de caballos que murió muy joven, y Flora Angulo, costurera. Su tío quería formarle como torero, pero el chico estaba más interesado en dibujar toros, incluidos cuerpos de mujeres desnudas, lo que le hizo impopular en su colegio jesuita. Cuando se reveló como inconformista artístico-ideológico en un artículo del periódico local, fue expulsado del colegio.
A partir de entonces, formar, des-formar, re-formar siguió siendo la pasión artística del espíritu libre que había roto las formas y las barreras de lo convencional. En 1952, Botero emprendió un viaje educativo que le llevó a Madrid, París y Florencia para estudiar a los maestros antiguos. Otra estación de maduración del autodidacta fue Ciudad de México. Se dice que fue allí donde experimentó su momento artístico „eureka“ en 1956. Le falló una mandolina, que resultó ser abombada y achaparrada.
A partir de entonces, trasladó esta inflación a todos los objetos de su arte. El volumen se convirtió en su huella artística durante 67 años, lo que también podría interpretarse como una antípoda del cubismo geométrico de principios de siglo.
Gran avance en Nueva York
El diario El Colombiano de Medellín elogió en su obituario al hijo más destacado de la ciudad como un artista de talla mundial. Como García Márquez con las letras y las palabras, el pintor y escultor habría creado una nueva imagen del mundo con pinceles y colores, sus manos, arcilla y barro, transformando lo puramente físico-realista en surrealista. El realismo mágico del hombre del Caribe encontró una prolongación en las curvas, las sobredimensiones, las alienaciones de su colega montañés, el paisa Botero.
Era un hombre obsesionado con su arte, inquieto, que, ya casado y con hijos, se marchó a Nueva York en los años sesenta con 200 dólares en el bolsillo para buscar fortuna en la escena artística mundial. Durante mucho tiempo en vano. Se le consideraba postexpresionista, fuera del espíritu del arte contemporáneo.
Pero la fortuna favorece a los valientes, al menos a veces, y así un día la directora del „Museo de Arte Moderno“ apareció en el estudio de Botero justo cuando estaba terminando su „Mona Lisa, de doce años“. La insólita representación del motivo clásico la electrizó, y así Botero celebró su primera gran vernissage en el templo del arte más famoso de la Gran Manzana y todos los galeristas de renombre se fijaron en el hasta entonces desconocido colombiano: el preludio de su éxito mundial.
4,3 millones Pedrito
El arte se considera irracional, lógicamente intangible. En este sentido, es ocioso, pero no deja de ser una especulación apasionante, preguntarse si a sus primeros seguidores y admiradores no les habrían recordado también al flamenco Peter Paul Rubens las voluptuosas curvas de Botero, sólo que el artista paisa trasladó la fisicidad a todo su cosmos artístico con la misma inventiva y sin concesiones. Y también cabe preguntarse si Botero habría tenido tanto éxito hoy, cuando muchas personas se parecen cada vez más a sus figuras como consecuencia del aumento masivo de la obesidad, como lo tuvo entonces en un mundo todavía delgado.
El artista dejó tras de sí 3.000 pinturas y 300 esculturas, cientos de las cuales donó a museos y plazas de su patria, donde también pusieron un signo de paz. Su obra más famosa, „Hombre a caballo“, se vendió en una subasta por 4,3 millones de dólares. Está dedicada a su hijo Pedrito, de cuatro años, que murió en un accidente de coche familiar en 1974. El propio maestro perdió un dedo en el accidente. Se salvó de la pena huyendo al trabajo.
El hijo de Botero, Fernando, fue Ministro de Defensa del Presidente Samper (1994 – 1998), con perspectivas de llegar a la presidencia. Un asunto de sobornos puso fin a su carrera política y le envió a prisión durante tres años.
Hombre de señoras
Botero era considerado un galán „y tuvo muchos amores“, según confió su hija Lina al semanario Semana. Se casó dos veces y vivió 48 años -no en una relación matrimonial, como se dice comúnmente, sino en una relación abierta con la artista griega Sophia Vari-. Su amor por el arte los fundió en una sola alma, escribe el periódico. Sophia sólo había muerto en mayo de cáncer. El propio padre, según Lina, sufrió en sus últimos años una variante no temblorosa del Parkinson. En su estudio de Pietrasanta, en la Toscana, hasta el final el hombre de 91 años se sentaba durante horas delante del lienzo y pintaba.
El arte de Botero no se detenía por si misma. En algunos de sus cuadros aparece con una „boteresca“ cara de luna llena. Su marca personal, sin embargo, eran sus gafas oscuras circulares y su preferencia por las chaquetas tradicionales bávaras. Esto se debe a sus exposiciones artisticas en Múnich. Su tierra natal, Antioquia, y Baviera se parecen en muchos aspectos, las costumbres rurales y no sólo en la preferencia por la carne de cerdo.
Como despedida, el cuerpo fue trasladado en avión a Colombia. En el Capitolio de Bogotá y en el Museo de Antioquia de Medellín, sus compatriotas despidieron a Botero. Fue incinerado en su ciudad natal y repatriado a Europa. En el cementerio de Pietrasanta encuentra su eterno descanso junto a Sophia Vari. Las curvilíneas esculturas del maestro en numerosos lugares públicos de todo el mundo siguen siendo hitos visibles de su arte vanguardista y saludos de su patria.
Fotos: Despedida de Botero en Medellín. Sus obras „Sra. Rubens nº 4“ (1968), „Pareja“ (1999), „Ex-Voto“ (1970) son voluminosas, cotidianas, críticas, satíricas, con toques de realismo mágico. En cuanto a la moda, el maestro prefería las chaquetas tradicionales bávaras.