Die Lage der Indigenen in Zeiten der Corona Pandemie

Hella Braune (DKF)
Dr. Frank Semper (DKF)

(Autoren von Fachbüchern zu Indigenen und zahlreichen Reiseführern zu Kolumbien und Südamerika)  


Denken wir auch an die Indígenas!

Während die östlichen wie westlichen Industrienationen ihre Lockerungsbemühungen nach dem allgemeinen Shutdown vorantreiben, frisst sich das Covid-19-Virus weiter und trifft am stärksten die Verwundbarsten und Bedürftigsten des Menschengeschlechts, zumal in den Gesellschaften des globalen Südens, zu denen auch unser geliebtes Kolumbien zählt.Die Blog-Autoren des DKF, Jenny Schuckardt aus Cali, Wolfgang Goede aus Medellín und Bernd Toedte aus dem heimischen München berichten mit ihren lebendigen Beiträgen über die Situation vor Ort und die vielen Einzelschicksale aus den Großstädten des Landes.

Indigene Frauen und Kinder auf dem Weg zu Ihren Chagras (Dschungelgärten) – Río Apaporis, Vaupés

In den letzten Tagen ist die Lage der indigenen Völker in den Fokus der Weltöffentlichkeit gerückt, denn die indigenen Völker sind aufgrund ihrer spezifischen Lebensweise der Virusübertragung noch stärker ausgesetzt als andere gesellschaftliche Gruppen; einer Lebensweise, die eine weit stärkere Eingebundenheit jedes einzelnen ihrer Mitglieder in die Gemeinschaft vorsieht und damit einhergehend enge soziale und körperliche Kontakte auf das Selbstverständlichste umfasst.

Sanitätsposten in Buenos Aires – Vaupés (viel mehr als Erste Hilfe ist nicht möglich)


Bei den „Weissen“ kann ein länger anhaltender Zustand von „social distancing“ zur sozialen Vereinsamung führen, aber bei den Indígenas geraten durch die Einhaltung der weltweit empfohlenen oder vorgeschriebenen Schutzmassnahmen die Grundfesten und Kernbestandteile ihrer traditionellen Kulturen ins Wanken. Und dennoch müssen sie, um des nackten Überlebens willen sich jetzt noch weiter isolieren. Das betrifft zumal die Indígenas im Amazonasgebiet.

Es kommt hinzu, dass durch die verworrene Lage, die die Krise mit sich bringt, staatliche Institutionen, die den Schutz der Indigenen garantieren sollen, im Augenblick noch weniger funktionstüchtig sind, um ihre gesetzlichen Aufgaben wahrzunehmen, als zu Normalzeiten. Das heißt, dass illegale Tätigkeiten, Waldrodungen, Minentätigkeit oder die Kokainproduktion rücksichtslos vorangetrieben werden und dadurch das Tempo der Naturzerstörung und Landvertreibung noch einmal beschleunigt wird. Hier etabliert sich gerade ein Teufelskreis aus gezieltem Landraub und einem dadurch ausgelösten weiteren Zurückweichen der Indigenen von Ihrem Land, um der Virusübertragung durch die kriminellen Eindringlinge zu entkommen.

Frank Semper mit indigenen Begleitern vom Río Apaporis – Vaupés

Vor einigen Tagen hat der hochgeschätzte und im vergangenen Jahr mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnete Fotograf Sebastiao Salgado mit eindringlichen Worten auf die durch die Covid-19-Krise in nie gesehenem Ausmaß angefachte Vernichtung des brasilianischen Amazonas-Regenwaldes und die verheerenden Auswirkungen auf die in ihm lebenden indigenen Völker hingewiesen, die wie zu Zeiten der conquista, als die europäischen Eroberer die Pest und die Pocken unter den Indigenen verbreiteten, als Genozid zu bewerten sind.

Gerade jetzt hat uns ein Aufruf der Indigenen aus dem kolumbianischen Amazonasgebiet erreicht, vertreten durch ihre Gesamtorganisation OPIAC und eine darauf abgestimmte Spendenaktion, für die FANY KUIRU CASTRO als Campaignerin (mit)verantwortlich zeichnet. Fany ist Rechtsanwältin und Aktivistin, indigene Huitoto aus La Chorrera, die wir schon lange kennen und deren Arbeit wir sehr schätzen. Diese zielgerichtete Aktion kommt den Indigenen unmittelbar zugute und ist geeignet, ihre physische und kulturelle Überlebensfähigkeit in dieser schweren Zeit zu sichern!

Hella Braune am Río Apaporis