Beitragsautor:
Dr. Frank Semper
DKF Rheinland-Ruhr
Für den Blog im Mai 2021
Seit über einer Woche erschüttern Presseberichte und Videos auf den einschlägigen sozialen Kanälen die weltweite Öffentlichkeit. Sie dokumentieren das gewaltsame Vorgehen der kolumbianischen Nationalpolizei sowie der Spezialeinheit ESMAD (Escuadrón Móvil Antidisturbios) gegen demonstrierende Menschen in vielen kolumbianischen Großstädten.
Die bisherige Bilanz der Unruhen spricht von sechsundzwanzig Toten und fünfhundertachtundvierzig vermissten Personen, nach Angaben der Defensoría del Pueblo für den Zeitraum vom 28.April bis 7.Mai.
Präsident Iván Duque Márquez hat am 6. Mai, eine Woche nach Beginn des Generalstreiks, der sich zunächst gegen eine später zurückgezogene Steuerreform richtete, eine Erklärung zur Lage der Nation abgegeben, wobei er sich der Rückendeckung der Präsidenten der obersten Gerichte versicherte, um zu gewährleisten, dass die Institutionen des Staates und ihre Funktionsweise nicht in Gefahr gerieten. Die höchsten Justizbeamten des Landes waren im Pressesaal der Casa Nariño mit Mund-Nasenschutz und im vorgeschriebenem Corona bedingten Abstand hinter ihm versammelt. Nach den Worten des Präsidenten der Republik trat der Präsident des Verfassungsgerichtshofes Antonio José Lizarazo vor das Mikrophon und versicherte dem Präsidenten der Republik die Unterstützung der Justizorgane zur Erhaltung der institutionellen Ordnung. Ein einmaliger Vorgang, der aufzeigt, wie stark der Präsident und seine Regierung durch die andauernden landesweiten Proteste unter Druck geraten sind und welches Ausmaß an Destabilisierung bereits eingetreten ist.
Zwei Verfassungsrichter waren der Aufforderung nach kollektiver Rückendeckung für den Präsidenten ferngeblieben, weil sie in einer einseitigen Parteinahme zu Gunsten des Präsidenten einen Verstoß gegen die Gewaltenteilung und die Unabhängigkeit der Justiz sehen. Es sei nicht die Aufgabe der Justiz, die Geeignetheit und Rechtmäßigkeit der während der Corona-Pandemie beschlossenen Regierungsmaßnahmen in einer gemeinsamen Erklärung anzuerkennen. Noch hat der Verfassungsgerichtshof einseitig und pauschal Straftaten, Gewalttaten, Terrorismus und Vandalismus zu verurteilen und zurückzuweisen, wenn nicht
zugleich übermäßiger Einsatz von Gewalt und staatlicher Machtmissbrauch, die ebenfalls die Rechtsordnung, die Menschenrechte und den Rechtsstaat beschädigen, angeprangert werden.
In früheren Zeiten hätte der Präsident jetzt wohl bereits den Ausnahmezustand ausgerufen. Doch dem übermäßigen Gebrauch dieses in die Verfassung eingebauten Instrumentes hat der Verfassungsgerichtshof inzwischen Grenzen gesetzt.
Worum geht es den Demonstrierenden?
Die breite Protestbewegung richtet sich gegen eine Fülle von Missständen, die die kolumbianische Regierung zu verantworten hat und unter denen das Volk leidet, ohne dass bislang entsprechende Reformen zur Bekämpfung und Überwindung dieser Missstände in die Wege geleitet worden sind. Es geht um grundsätzliche soziale und gesellschaftliche Reformen und nicht allein um die nun zügig kassierte und ungenügend kommunizierte Steuerreform, die lediglich den Volkszorn weiter entfacht hatte. Tiefsitzender Groll und große Unzufriedenheit herrschen über die wachsenden Grundübel im Land, Armut und Ungleichheit.
Der weitgehend vertuschte Korruptionsskandal Odebrecht, benannt nach dem brasilianischen Baukonzern, der ganz Südamerika erschüttert hat. Der Konzern hatte reihenweise einflussreiche politische Funktionäre geschmiert, um seine Infrastrukturvorhaben problemlos umsetzen zu können. Die fortbestehende Impunidad, die Nichtverfolgung von schweren Straftaten durch die kolumbianische Justiz, die erschreckend hohe Zahl unverfolgter und ungestrafter Morde an Sozial-, Umwelt- und Menschenrechtsaktivisten. Die anhaltenden Angriffe und Gewalttaten (bis hin zum Genozid) auf eine Reihe indigener Völker und Gemeinschaften innerhalb und ausserhalb ihrer Resguardos. Besonders betroffen waren in den letzten Jahren die Resguardos der Nasa im
Departement Cauca, ausgelöst durch einen von schwerkriminellen Akteuren hineingetragenen Drogenkrieg, durch den allein in 2019 55 Indígenas ihr Leben lassen mussten.
Die Amtsführung des Präsidenten in der Covid-19 Pandemie steht in der Kritik. Präsident Iván Duque will es allen recht machen und bekommt doch keinen nationalen Dialog zustande. Trotz seines jungen Alters hat er nie die Bedürfnisse der kolumbianischen Jugend verstanden, die ihre Bildungs- und Berufschancen in einer globalisierten Welt von Tag zu Tag mehr schwinden sehen. Präsident Duque schweigt, wenn er den Dialog mit dem Volk führen müsste. Und seine Aussagen gleichen oft Leerformeln, wenn er sagt, „que somos gente de bien“ (dass wir gute Leute sind). Während seiner bislang drei Amtsjahre ist es ihm kaum einmal gelungen, sich aus dem Schatten seines Mentors, dem vormaligen Präsidenten Álvaro Uribe Vélez, zu befreien. Die einmalige großherzige Geste, den aus dem Nachbarland geflohenen Venezolaner/innen unbürokratisch Aufnahme in Kolumbien zu gewähren, hat keine Fortsetzung gefunden.
Die aktuell stattfindenden Demonstrationen und Proteste kommen nicht überraschend und ebensowenig die Repression von Seiten der Staatsgewalt. Die soziale Frage bewegt das Land seit mehreren Jahren. Bereits im November 2019 wurde ein Generalstreik ausgerufen und die Menschen waren auf die Straße gegangen, um Verbesserungen ihrer in vielen Fällen prekären Lebenssituation einzufordern. Und während der Demonstrationen waren sie immer wieder mit exzessiver Polizeigewalt konfrontiert.
In den Nachtstunden des 8. September 2020 misshandelten und töteten mehrere Streifenpolizisten im Barrio Villa Luz in Bogotá den Rechtsanwalt Javier Ordoñez mittels Elektroschockpistolen (sog. Taser). Bei den sich der polizeilichen Gewalttat anschließenden Protestkundgebungen wurden am Folgetag durch den Einsatz von Schusswaffen mit zum Teil scharfer Munition mindestens 12 Teilnehmer getötet und an die 170 schwer verletzt.
Bereits die Vorkommnisse der beiden letzten Jahre waren schockierend, so dass der oberste Gerichtshof (Corte Suprema de Justicia) in einem Grundsatzurteil dieStaatsgewalt verpflichtete, das Recht auf Demonstrationsfreiheit zu respektieren und den Einsatz von Feuerwaffen, Kaliber 12 auf Demonstrationen zu untersagen! Allerdings geht diese Entscheidung kritischen Juristen längst nicht weit genug, die unter dem Eindruck der aktuellen Situation fordern, die Zuziehung militärischer Berater durch die Einsatzleitung der Polizei bei Demonstrationen zu verbieten und die Sondereinheit ESMAD aufzulösen.
Das augenblickliche Gewaltszenario wirft kein gutes Licht auf den Zustand der Demokratie und des Rechtsstaates in Kolumbien. Nicht nur die Freund/innen des Landes, auch die internationalen Finanzmärkte verfolgen die dramatische Entwicklung mit Argusaugen. Vor dem Friedensschluss mit den Farc galt lange Zeit der Satz, „die Wirtschaft läuft gut, auch wenn es dem Land schlecht geht.“ Zu Zeiten von Covid-19 haben sich die Prämissen geändert. Umso mehr muss das Kolumbien des Post-Conflicto alles daran setzen, um endlich Vielfalt und Frieden in die Tat umzusetzen.
(Fotos cortesía Fany Kuiru, OPIAC, Colombia)
Solidaridad con Colombia
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Desde hace más de una semana, los informes de prensa y los vídeos en los principales canales sociales han conmocionado a la opinión pública mundial. Documentan las acciones violentas de la policía nacional colombiana y de la unidad especial ESMAD (Escuadrón Móvil Antidisturbios) contra los manifestantes en muchas de las principales ciudades colombianas.
El balance de los disturbios informa hasta ahora de veintiséis muertos y quinientos cuarenta y ocho desaparecidos, según los datos de la Defensoría del Pueblo para el periodo comprendido entre el 28 de abril y el 7 de mayo.
El presidente Iván Duque Márquez emitió una declaración sobre el estado de la nación el 6 de mayo, una semana después del inicio de la huelga general, inicialmente dirigida contra una reforma fiscal que luego fue retirada, asegurándose el respaldo de los presidentes de las cortes supremas para que no se pusieran en peligro las instituciones del Estado y su funcionamiento. Detrás de él, en la sala de prensa de la Casa Nariño, estaban reunidos los principales funcionarios judiciales del país, con protectores bucales y a la distancia prescrita por Corona. Tras las palabras del Presidente de la República, el Presidente de la Corte Constitucional, Antonio José Lizarazo, se puso frente al micrófono y aseguró al Presidente de la República el apoyo de las instituciones judiciales para mantener el orden institucional. Un acontecimiento único que muestra hasta qué punto el presidente y su gobierno están bajo la presión de las protestas nacionales en curso y el grado de desestabilización que ya se ha producido.
Dos jueces constitucionales se habían mantenido al margen de la petición de apoyo colectivo al presidente porque consideran que un posicionamiento unilateral a favor del presidente es una violación de la separación de poderes y de la independencia del poder judicial. No correspondía al poder judicial reconocer la idoneidad y legalidad de las medidas gubernamentales adoptadas durante la pandemia de Corona en una declaración colectiva. Tampoco tiene la Corte Constitucional que condenar y rechazar unilateralmente y de forma global los delitos, actos de violencia, terrorismo y vandalismo cuando no se denuncian al mismo tiempo el uso excesivo de la fuerza y el abuso de poder del Estado, que también perjudican el orden jurídico, los derechos humanos y el Estado de Derecho. En otros tiempos, el presidente probablemente ya habría declarado el estado de emergencia. Pero la Corte Constitucional ha establecido ahora límites al uso excesivo de este instrumento incorporado a la constitución.
¿Por qué protestan los manifestantes?
El amplio movimiento de protesta se dirige contra una plétora de agravios de los que es responsable el gobierno colombiano y que sufre el pueblo, sin que hasta la fecha se hayan iniciado las reformas adecuadas para combatir y superar estos agravios. Se trata de reformas sociales y societarias fundamentales, y no sólo de la reforma fiscal, que ahora ha sido rápidamente anulada e insuficientemente comunicada, y que no ha hecho más que inflamar la ira popular. Prevalecen un profundo resentimiento y un gran descontento por los crecientes males fundamentales del país, la pobreza y la desigualdad.
El escándalo de corrupción de Odebrecht, que lleva el nombre del grupo constructor brasileño, ha sacudido a toda Sudamérica. La corporación había sobornado a una serie de influyentes funcionarios políticos para poder ejecutar fácilmente sus proyectos de infraestructura. La continua impunidad, la no persecución de delitos graves por parte de la justicia colombiana, el escandaloso número de asesinatos no investigados e impunes de activistas sociales, medioambientales y de derechos humanos. Los continuos ataques y actos de violencia (hasta el genocidio) contra varios pueblos y comunidades indígenas dentro y fuera de sus resguardos. En especial se han visto afectados en los últimos años los resguardos de los Nasa-páez en el Departamento del Cauca, lo cual se desencadenó por una guerra contra el narcotráfico perpetrada por graves actores criminales, que provocó que 55 indígenas perdieran la vida nada más en 2019.
El manejo que dio el presidente contra la pandemia de Covid-19 ha sido objeto de críticas. El presidente Iván Duque quiere complacer a todo el mundo, pero no consigue poner en marcha un diálogo nacional. A pesar de su juventud, nunca ha entendido las necesidades de la juventud colombiana, que ve cómo sus oportunidades educativas y profesionales disminuyen día a día en un mundo cada vez más globalizado. El presidente Duque guarda silencio cuando debería dedicarse a dialogar con el pueblo. Y sus declaraciones a menudo parecen frases vacías cuando dice „que somos gente de bien“.
En los tres años que lleva a cargo del país, apenas ha conseguido liberarse de la sombra de su mentor, el ex presidente Álvaro Uribe Vélez. El único gesto magnánimo de conceder una admisión no burocrática a los venezolanos que han huido del país vecino no ha tenido continuidad.
Las manifestaciones y protestas actuales no son una sorpresa, como tampoco lo es la represión por parte del Estado. La cuestión social ha sacudido al país durante varios años. Ya en noviembre de 2019 se convocó una huelga general y la gente salió a la calle para exigir mejoras en su, en muchos casos, precaria situación de vida. Y durante las manifestaciones se enfrentaron repetidamente a una violencia policial excesiva.
En horas de la noche del 8 de septiembre de 2020, varios patrulleros del Barrio Villa Luz de Bogotá abusaron y mataron al abogado Javier Ordoñez con pistolas aturdidoras (las llamadas tasers). Durante las concentraciones de protesta que siguieron a la violencia policial, al menos 12 participantes murieron y unos 170 resultaron gravemente heridos al día siguiente por el uso de armas de fuego, algunas de ellas con munición real.
Los acontecimientos de los dos últimos años ya fueron impactantes, de modo que la Corte Suprema de Justicia obligó a las autoridades estatales en una decisión histórica a respetar el derecho a la libertad de manifestación y a prohibir el uso de armas de fuego, ¡calibre 12 en las manifestaciones! Sin embargo, esta decisión no es lo suficientemente convincente para los abogados críticos que, teniendo en cuenta la situación actual, exigen que se prohíba el recurso de asesores militares por parte del mando policial durante las manifestaciones y que se disuelva la unidad especial ESMAD.
El actual escenario de violencia no arroja una luz positiva sobre el estado de la democracia y el Estado de Derecho en Colombia. No sólo los amigos del país, sino también los mercados financieros internacionales están atentos a los dramáticos acontecimientos. Antes del acuerdo de paz con las Farc, la frase „la economía va bien, aunque el país vaya mal“ fue cierta durante mucho tiempo. En los tiempos de Covid-19, las premisas han cambiado. Razón de más para que la Colombia del posconflicto haga todo lo posible para que la diversidad y la paz sean por fin una realidad.