Corona-Update
Herrsching, 29.8.2020
Jenny Schuckardt Niederlassungsleiterin München
Die Tourismus-Branche hat unter der Corona-Pandemie mit am meisten zu leiden. Die beiden DKF-Mitglieder Stephan Stober und Torsten Krempin führen das Reisebüro „Promotora Neptuno“ in Bogotá. Wir haben mit ihnen über die Zukunft des Tourismus in Kolumbien gesprochen.
Wie geht ihr mit der Corona Pandemie und den Einbrüchen im Tourismus um?
Die Corona-Krise hat die ganze Reisebranche und natürlich auch uns hart getroffen.
Unser Kerngeschäft – die Organisation von Rundreisen durch Kolumbien – ist seit März komplett weggebrochen. Wir haben in den letzten Jahren solide gewirtschaftet und stehen deshalb verhältnismäßig gut da, dennoch geht so eine Krise natürlich nicht spurlos an uns vorbei. Viele unserer Mitarbeiter arbeiten nur noch halbtags, entlassen mussten wir niemanden und wir hoffen, dass dies nicht nötig sein wird. Seit Mitte März sind wir komplett im Homeoffice und nutzen die Zeit um uns, so gut wie möglich, auf die Zukunft vorzubereiten. Wir entwerfen neue Produkte (Rundreisen und Reisepakete), machen Webinare für unsere Kunden (die Reiseveranstalter), damit sie Kolumbien besser kennenlernen und besser verkaufen können und verbessern unsere Homepage. Wir wissen nicht genau, wann es wieder losgehen wird, wir wollen aber dann möglichst gut vorbereitet sein.
Habt Ihr eine Vision für die Nach-Corona-Zeit
Unser Ziel ist es, unseren Kunden auf ihre Wünsche zugeschnittene Reisen anzubieten, gespickt mit einzigartigen, authentischen Erlebnissen. Gleichzeitig möchten wir unseren Beitrag zu einer positiven Entwicklung im Land beitragen. Für die Zeit nach Corona werden sich viele Chancen ergeben, um uns in dieser Beziehung weiterzuentwickeln.
Krise bedeutet immer auch Chance. Gibt es etwas, was für euch in der Reisebranche als neue Chance gewertet werden könnte?
Wir denken, wir haben die Chance in Zukunft Tourismus noch nachhaltiger zu gestalten im Sinne von Reisen im Einklang mit der Natur und mit positiven sozialen Effekten. Wir haben schon in den letzten Jahren immer mehr auf Nachhaltigkeit gesetzt, das Thema ist uns sehr wichtig! Auch denken wir, dass nachhaltige Reisen in Zukunft an Bedeutung gewinnen werden, dieser Trend wird nun durch Corona möglicherweise noch verstärkt. Kolumbien eignet sich wie kaum ein anderes Land für diese Art von Reisen. Tourismus kann hier viel Positives bewirken, schon vor Corona haben unsere Kunden einen Beitrag zum Umweltschutz geleistet, wenn sie z.B. einen der 56 Nationalparks besuchten und mit ihren Eintrittsgeldern zum Schutz von Flora und Fauna in diesen geschützten Gebieten beitrugen. Aber auch abseits der Nationalparks gibt es z.B. in den „Llanos Orientales“ die sogenannten „Reservas de la Sociedad civil“, deren Landeigentümer sich zum Umweltschutz verpflichten, um im
Gegenzug steuerliche Erleichterungen zu erhalten. Diese privaten Naturreservate leben auch immer mehr vom Tourismus und so wird dieses Modell für die Grundbesitzer immer beliebter und eine immer attraktivere Alternative zu anderen, weniger nachhaltigen Landnutzungsformen. Nicht zuletzt bietet ein fair bezahlter Tourismus eine wichtige Einkommensquelle für viele Kolumbianer und kann zu weniger Ungleichheit und einem friedlicheren Miteinander im Land sorgen.
Wie muss man sich das vorstellen: Hat bei euch ständig das Telefon geklingelt mit in Kolumbien gestrandeten Deutschen, die irgendwie zurück nach Deutschland wollten? (So wie ich 🙂 )
Als die Krise begann hatten wir ca. 300 ausländische Gäste im Land, gute die Hälfte davon aus Deutschland. Wir haben uns sofort mit allen in Verbindung gesetzt und individuell mit jedem besprochen, welche Möglichkeiten zur sofortigen Ausreise bestehen. Und tatsächlich hatten wir dann mit dem letzten offiziellen Linienflug nach Europa alle Gäste wieder zuhause oder auf dem Heimweg.
Wie seid ihr zwei eigentlich in Kolumbien gelandet? Wie kam es dazu, dass ihr das Reisebüro in Bogotá gegründet habt?
Torsten: Ich bin nach dem Abi mit dem Rucksack länger durch Südamerika gereist
und dann mit dem Fahrrad durch Kolumbien. Und da habe ich gemerkt, dass zwar alle Länder spektakulär sind, aber Kolumbien mir noch besser als alle anderen gefällt. So bin ich dann nach einer Ausbildung sofort nach Kolumbien gezogen. Ursprünglich wollte ich nur ein Jahr bleiben, hab ́ dann aber kurz darauf meine Frau kennengelernt und nach 3 Jahren als Angestellter bei einem Schweizer Reisebüro in Bogotá habe ich den Schritt in die Selbständigkeit gewagt und Promotora Neptuno gegründet. Und nun organisieren wir schon seit über 20 Jahren jede Art von Rundreisen für ausländische Gäste durch Kolumbien.
Stephan: Mein Vater ist in Venezuela aufgewachsen, daher hatte ich von klein auf immer einen Bezug zu Südamerika, den ich bei meinem Geografie- und Lateinamerikanistik-Studium noch vertieft habe. Als ich 2008 die Chance hatte nach meinem Studium in Kolumbien bei der kolumbianischen Firma DIACO zu arbeiten, war das für mich vor diesem Hintergrund eine tolle Gelegenheit. Kolumbien hat mich von Anfang an fasziniert, die herzlichen Menschen und die wunderschönen
Landschaften haben mich begeistert. Bei Neptuno bin ich 2011 eingestiegen, nun kann ich mir eine Zukunft ohne Kolumbien gar nicht mehr vorstellen.